Toxoplasma / Snackwolf, Emma 23 20. September 2024
Die Deutschpunk-Legende Toxoplasma verwandelt die Heilbronner Emma in eine Pogohölle. Snackwolf sorgen mit Skatepunk für genrefremdes Vorglühen und lernen etwas über die Käthchenstadt.
Ein besonderer Abend in der Emma, wenn es Karten nur im Vorverkauf gibt und das Konzert ausverkauft ist. Aber beginnen wir den Abend klassischer Weise mit der Vorband: Vor etwas mehr als drei Monaten standen die Jungs von Snackwolf zuletzt auf der Bühne der Emma. Während ich und andere immer noch rätseln, bei welchem Teil des Abends damals welche Band auf der Bühne stand, sind sie heute einfach nur Eröffnungsband.
Das stört das anwesende Publikum nicht: Die Hand abgezählten 99 Gäste – meine überzählige Karte werde ich an dem Abend nicht los – machen nach kurzer Anlaufphase mit. Und zwar mit klassischem Pogo zum Skatepunk des Stuttgarter Quartetts. Zwischen den Songs wieder launige Ansagen. So will die Band unbedingt mindestens einen Stagediver und lädt auch zum Foxtrott ein. Es wird ziemlich warm in der Emma und das Publikum ist bereit für den Hauptakt des Abends. Snackwolf erfüllen damit alle Anforderungen an einen Einheizer.
Ich muss den netten Jungs aber noch etwas verklickern: Nicht Annabel und Otze oder sonst irgend jemand aus der Szene ermöglichen das Konzert mit der Deutschpunk-Legende Toxoplasma in der Emma. Wer nur den blassesten Schimmer von Heilbronn hat, weiß, in dieser Stadt geschieht nichts mehr, ohne das Dieter Schwarz mit seinen Lidl- und Kauflandmilliarden dahinter steht. Sei es der Bildungscampus, Württemberger Kammerorchester, Internationale Schule, Programmierschule oder Laptops für alle Heilbronner Schulen – Dieter macht das. Deshalb kann man sicher sein, dass ein für Heilbronner Verhältnisse hochkarätiges Konzert nicht ohne den Supermäzen abläuft.
Im Publikum mache ich dann auch gleich einen älteren Herrn aus und zeige ihn als Beweis den Sackwolf-Leuten. Da klappt so gut, dass ich aufpassen muss, dass mir meine eigenen erfundenen Geschichten nicht als Fakenews um die Ohren fliegen.
Es folgt der Hauptact: Toxoplasma aus Neuwied gehören mit dem selbstbetitelten Debütalbum von 1983 definitiv zu den Begründern des Genres Deutschpunk. Ganze Generationen von Punks haben sich den Bandnamen auf die Lederjacken gesprayt und gepinselt. Nach zwischenzeitlich zwei Auflösungen ist die Band seit 2004 wieder aktiv. Von der Original-Besetzung sind noch Bassist Stefan und Sänger Wally dabei.
Der ist Dreh- und Angelpunkt der Show: Er steht zentral und aufrecht auf der Bühne. Macht alle Ansagen und geht zwischendurch auch runter ins Publikum. Die ganze Show hat übrigens ordentlich Wumms – es hilft dabei vermutlich, dass an Gitarre und Schlagzeug recht junge Leute dabei sind. Laut ist es auch: Mich begleitet das Ohrensausen den ganzen nächsten Tag.
Im Publikum mache ich ältere Herr- und Damenschaften aus, die ich vorher noch nie auf einem Konzert gesehen habe. Insbesondere eine Frau in der zweiten Lebenshälfte blickt mit einem verträumten Ausdruck auf die Bühne, als ob sich ein Zeitfenster in die Vergangenheit aufgemacht hätte und Erinnerungen aus der wilden jugendlichen Punkvergangenheit wieder auftauchen.
Während einige in Träumen schwelgen, zelebrieren hauptsächlich jüngere Konzertbesucher Punksein 2024 und pogen was das Zeug hält. Immer wieder sehe ich Leute, die die Texte mitsingen und die Band abfeiern. Da kann man dem lieben Dieter für den schönen Abend Danke sagen.
Ja, genau so war‘s. Mit Rippenprellung, blauen Flecken, dickem Kopp und einem saugutem Gefühl im Bauch am nächsten Tag.
Gigantisch!!!
Dass das nicht ohne Verletzungen bei dir ausgehen konnte, war mir klar. Ich hoffe, das heilt schnell.