Harald Riegg, Emma 23 26. September 2024
Nach der Sommerpause führt Harald Riegg seine Gute Nachtgeschichten in der Emma 23 fort. Neu ist, dass der Abend ein offizielles Motto erhält. Die ausgewählten Geschichten pendeln zwischen Brutalität, unfreiwilliger Komik und tatsächlich kleinen positiven Ausblicken.
Endlich mal wieder Lesung mit Harald Riegg in der Emma. Krankheit meinerseits, dann Urlaub, medizinische Behandlung bei Harald und Sommerpause der Emma haben zu einer wirklich langen Unterbrechung geführt. Dazu gibt es eine Neuerung. Harald nennt zum ersten Mal ein Motto des Abends, das „Lebenswege“ lautet. Nach dem Zusammenstellen habe sich herausgestellt, dass es in allen Geschichten um Lebenswege von Menschen geht. Den Abend beginnt mit „In der Hölle will man nur ein Glas Wasser“, aus Annie Proulx „Weit draußen“, in dem Geschickten aus Wyoming versammelt sind. Erzählt wird die Geschichte von Leland, der in den 1940erJahren in kleinen Verhältnissen auf einer Farm in einer einsamen Gegend von Wyoming aufwächst. Als er seine Freundin mit 17 schwängert und die Schule abbricht, beginnt ein Lebensgeschichte die geprägt ist vom Leben als Soldat, Truckerfahrer und immer wieder scheiternden Versuchen sich mit einem Laden selbständig zu machen. Insbesondere die inzwischen geschlossenen Tankstelle, in der er seine erste Anstellung hatte, pachtet er mehrmals – jedes Mal ohne Erfolg. Das wird vom Annie Proulx in einem lakonischen Tonfall erzählt und immer wieder Verweise auf wichtige Ereignisse der Geschichte eingeflochten.
Danach folgt Harald Rieds eigener Text „Tauben“ aus seiner Kurzgeschichtensammlung „Echt nur Spaß“. Aus der Ich-Perspektive erzählt eine Frau, wie sie Enge des elterlichen Zuhauses durch eine Heirat entkommt. Nur um vom eifersüchtigen Ehemann dann noch strenger kontrolliert und unterdrückt zu werden. Als er sich schließlich mit einem Messer an ihr vergreift, kann sie sich einige Jahre später aufraffen, ihn zu verlassen.
Etwas aufmunternder wird es bei der „Seeräuberjenny“ aus der Dreigroschenoper von Bertolt Brecht. Hier trägt Harald die Geschichte vom einfachen Mädchen aus dem Wirtshaus, die sich als grausame Seeräuberin entpuppt, eher vor als, dass er sie und liest. Das ergibt einen netten Vibe, so dass man fast überhört, was sie mit dein Einwohnern der Stadt machen lässt.
Nach der Pause geht es weiter mit T. C. Boyles „Schluß mit Cool“. In der Geschichte beobachtet ein Toter seine siebzigjährige Ehefrau in ihrem Alltag. Sie lebt in einem langsam zerfallenden Haus in New York, in dem sich kontinuierlich das Chaos ausbreitet. Immer wieder beschreibt der Erzähler in ückblenden wie ihr Pünktlichkeit oder Planung in der Ehe schon zuwider waren. Plastisch ersteht das Bild einer überforderten Frau, die die Einsamkeit mit möglichst vielen Katzen entgehen will. Einen drastischen Wendepunkt erreicht die Geschichte, als nach einem Einkaufsbummel die Handtasche mit der Geldbörse nicht mehr auffindbar ist. Als der angebliche Finder sich meldet, stellt sich schnell heraus, dass er keine ehrlichen Absichten hat.
Den Abschluss macht Franz Doblers „Ein Schlag ins Gesicht“. Ein Privatdetektiv – ehemaliger Polizist – beschützt eine Schauspielerin vor einem unbekannten Starker. Sie ist in den 1970er durch Sexfilmchen bekannt geworden und erzählt von ihrem Erfahrungen im Geschäft. Zum Beispiel von zudringlichen Regisseuren. Auch die Musik spielte damals eine große Rolle für Sie und sie durchstreifte Diskotheken nach Neuerscheinungen. Ganz wichtig war Blondie mit der Sängerin Debbie Harry sie, Die war wie eine Schwester, die sie nie hatte, für sie. Als als nach einem Kuss zwischen Detektiv und Schauspielerin schreit, beendet Harald die Lesung. Bedenkt man die anderen Literaturstücke, ist das fast schon ein Happy Ende.