Papaya Fuzz, Complex23 22. Oktober 2016
Vor dem Konzert ging ich davon aus, dass mit Papaya Fuzz eine Sixties-Band im Complex spielen würde. Nach dem Konzert war diese Annahme genauso überholt, wie die Vorstellung, dass Frauen auf der Bühne lächeln müssen.
Grund für die Einordnung von Papaya Fuzz in die Sixties-Schublade war dieses Video. Vor Ort entpuppt sich das Trio aus dem schweizerischen Fribourg als grundsolide Rock’n Roll-Band. In den Sound fließen zum Beispiel mit hohem Frauenkreischen und diabolischem Lachen auch typische 50er-Jahre-Horrorfilm-Sounds ein.
Das Ganze ist sehr rhythmisch und auch gut tanzbar. Interessanterweise wollten dies an diesem Abend praktisch ausschließlich Männer.
Beim Auftritt bemerke ich zwei Dinge. Die weite, schwarze Hose und die gescheitelten langen Haare des Sängers, durch die er in Verbindung mit seinem Oberlippenbärtchen an einen französischen Intellektuellen erinnert. Bei der Bassistin fällt mir auf, wie sie konsequent jedes Lächeln vermeidet. Einmal, als sie kurz zum Schlagzeuger sieht, huscht für einen Sekundenbruchteil ein freundlicher Ausdruck über ihr Gesicht.
Nach dem Konzert spreche ich sie darauf an. Sie antwortet, dass es irgendwie immer Thema sei. Mal lächele sie zufiel, dann werde das Fehlen angekreidet. Je länger ich darüber nachdenke, desto klarer sehe ich, wie auch ich hier mit unterschiedlichem Maß messe. Weder Sänger noch Schlagzeuger haben während des Konzerts auch nur die Andeutung eines Lächelns produziert und das fällt mir überhaupt nicht als bemerkenswert auf. Ich folge wohl auch der gesellschaftlichen Norm, dass Frauen nett und freundlich auftreten müssen.
Nett und freundlich wird der Auftritt vom Publikum aufgenommen, das gefühlt fast ganz anders zusammengesetzt ist, als eine Woche zuvor beim Gig von Travel und Space und Bikini Beach. Durch die angemessene Lautstärke in der Summe ein gutes Konzert. Auch wenn es nach knapp einer Stunde vorbei ist, da der Veranstalter kühn&famos darauf verzichtet hat, eine Vorband zu engagieren. Zum Schluß servieren Sänger und Schlagzeuger mit dem Auseinanderreissen des Drumkits eine kleine Showeinlage.