The Higgins / Local Riot, Complex23 11. November 2016
Die Auftritte von The Higgins und Local Riot im Heilbronner Complex23 sind grandios, einzigartig und sensationell. Super Bühnenshows, die ein begeistertes Publikum hinterlassen. Die Lobpreisungen können nicht überschwänglich genug ausfallen, wenn ScharpingPershing ein Konzert veranstaltet. Aber auch ohne Organisierer-Brille ist es ein guter Abend.
Der Gig verspricht schon interessant zu werden, als die Vorband Local Riot geschlagene zwei Stunden vor der vereinbarten Uhrzeit am Veranstaltungsort auftaucht. Da ist nicht nur der Veranstalter sondern auch die Complex-Crew überrascht. Können sich die Jungs von Higgins eine Scheibe abschneiden, die wie üblich später als vereinbart eintreffen werden.
Ist es tatsächlich Lampenfieber bei Local Riot? Könnte man meinen, wenn man die Posts der Band bei Facebook liest, die bis kurz vor dem Gang auf die Bühne geschrieben werden. Von Pipi in der Hose ist da mehrfach die Rede. Beim Auftritt selbst ist von Nervosität aber keine Spur zu sehen. Routiniert spielen die vier Jungs aus Donauwörth ihr Streetpunk-Set. Vor allem Bassist Manu zeigt wenig Berührungsängste. Er nutzt den freien Raum vor der Bühne für seinen Auftritt und kommt so den Konzertbesuchern näher, die einen Respektabstand einhalten.
Ich ärgere mich dann etwas über mich selbst, da ich das Heilbronner Publikum vorher als überschaubar, aber begeisterungsfähig angepriesen hatte. Davon ist beim Local Riot-Auftritt nämlich nichts zu merken. Die schematische Abfolge Lied und danach höflicher Applaus wird nur einmal von einem Pärchen durchbrochen, das während eines Songs eine Art Steh-Pogo tanzt. Wenn niemand sonst etwas anderes anbietet, das nächste Mal bitte mehr davon.
Richtig skeptisch werde ich, als die Publikum-Reaktionen auch bei Higgins aus Aalen weiter sehr verhalten ausfallen. Vor der Bühne der vorher erwähnte Kreis mit zwei bis drei Metern Durchmesser als Abstand zur Band und niemand tanzt. Das war, wenn ich mich richtig erinnere, im Vorjahr anders. Damals ging das Publikum praktisch vom ersten Song an mit, obwohl 2015 sogar weniger zahlende Gäste anwesend waren.
Für mich unerklärlich, da Techniker Phillip wie immer einen super Sound hinzaubert und das ohne vernünftigen Soundcheck. Seit 1997 sind Higgins mit ihrer Mischung aus Punkrock, Hardcore und Refrains zum Mitsingen unterwegs. Da ist genug Hitpotenzial vorhanden.
Auch die Aufforderung von Sänger Tobi, näher an die Bühne heranzukommen und die Einladung, zusammen eine Drecksau-Party zu feiern, ändern zunächst nichts an der Situation.
Das Konzert ist schon zur Hälfte vorbei, als sich plötzlich doch was tut. Ich weiß nicht, ob eine Person anfängt zu tanzen und andere mitmachen oder mehrere gemeinsam anfangen. Jedenfalls füllt sich die Tanzfläche mit einem veritablen Pogomob. Die demographische Situation von Punk im Jahr 2016 wird dabei sehr gut abgebildet. Von ziemlich jung bis sehr alt ist alles dabei. Wunderbar, wenn dann sogar jemand mitpogt, den ich vorher noch nie habe tanzen sehen. Hut ab, Alex. Sehr schön, dass sich so bewegt wird, dass sich auch Frauen in den Pit trauen.
Higgins lassen es sich nicht nehmen, die anwesende Heilbronner Prominenz einzubinden. Der ehemalige Präsident der Turbojugend Heilbronn Dudi übernimmt bei einem Song den Gesang.
Für Higgins-Tobi ist der Abend insgesamt „besser als letztes Jahr“. Hätte ich später nicht mehrere Bierflaschen aus dem Bandfundus gefunden und weggeschüttet, bei denen gerade ein Schlückchen weggetrunken war, könnte ich glatt zustimmen.