Not 2 Use / Pennysurfers / The Neighbourhood Creeps, Deutschhof 14. August 2020
In der Corona-Pandemie frisst der Teufel fliegen und ein Punkkonzert mit Sitzplätzen, Abstand und Maske begeistert mich. Drei Bands aus der Region machen das Beste aus der Situation und der Sitzpogo wird erfunden.
Fast sechs Monate war ich Pandemie-bedingt auf keinem Konzert. Wenn das Popbüro dann ein Punkrocktriple mitten in der Stadt organisiert muss ich dann hin. Auch wenn es ein Sitzplatzkonzert ist. Angekündigt waren Florida or Bust, die aber wegen eines Wasserschaden passen. Dafür stehen vor 20 Uhr Not 2 Use aus Kraichtal auf der Bühne.
Der Fünfer spielt sehr melodischen Pop- und Surfpunk. Der Gesang ist bei allen sehr klar, kein Geschrei. Kommt gut an – es wird eifrig geklatscht, rumtanzen darf man nicht. An die Regeln halten sich übrigens die meisten Besucher während des gesamten Abends: auf einem Stuhl bleiben, wenn der Platz verlassen wird Maske tragen und Abstände wahren.
Eigentlich seltsam bei einem Konzert der Musikrichtung, die Widerstand gegen alle mögliche Beschränkungen einst zu einem Grundbestandteil machte. Aber in diesen Zeiten sind die Punks die Vernünftigen.
In eine ähnliche musikalische Kerbe schlagen dann die Pennysurfers. Allerdings etwas zackiger gespielt und auch rauer im Gesang. Könnte glatt auf Fat Wreck Chords sein. Die Band aus dem Kraichgau gibt es auch schon zwanzig Jahre und das merkt man auch an der einen oder anderen gelungenen Bühnenansage.
Ist es ein langjähriger Fan oder nur einer, den der Sound der Band mitreisst? In einer der vorderen Reihen Hüfte einer der Besucher mit dem Stuhl herum, während er ihn mit den Händen festhält, Dann bleibt er stehen, um abwechselnd die Füße in die Luft zu werfen: Der Sitzpogo ist geboren. Das macht er so lange, bis der Klappstuhl unter ihm zusammen bricht.
Der Kommentar von den Pennysurfers von der Bühne: „Der Pogominister hat den Stuhl zerstört!“ Applaus des Publikums. Ich habe die Fotos zu einer GIF-Animation zusammengefügt. Den neu erfunden Tanzstil setzt er übrigens auf dem zusammengebrochenen Stuhl fort.
Die Neighbourhood Creeps haben sich tatsächlich den Status von Lokalmatadoren erarbeitet. Ein nicht unwesentlicher Teil des Publikums ist wohl hauptsächlich wegen ihnen da. Dazu arbeitet man konsequent am Rampensau-Faktor. Nach dem Soundcheck, der sitzend absolviert wird, will der Sänger, dass alle noch einmal runter und erneut auf die Bühne gehen: „Für den Effekt“. Dazu noch das eine oder andere Witzchen. „Kennt ihr unsere neue Single? Are u ready? Um anschließend einen anderen Song zu spielen.
Ihr angepunkter Blues reisst dann auch die eine oder andere Zuhörerin vom Sitz und es wird vermehrt auf den Stühlen getanzt. Platz verlassen ist ja verboten. Witzig auch, wenn der kleine, übergewichtige Sänger einen Bruce-Lee-artigen Luftkick macht. Hat was von einem Tennage Mutant Ninja Turtle.
Alles in allem ein erfolgreicher Abend. Auch wenn nicht alle Sitze gefüllt waren, obwohl alle Karten weg waren. Aber das passiert wohl, wenn der Eintritt nichts kostet.