Thurston Moore Group / Seafoam Walls, franz.K 26. März 2023
Mit Sonic Youth hat Thurston Moore Musikgeschichte geschrieben. Mit seiner Band spinnt er deren Ideen weiter und liefert in Reutlingen einen beeindruckenden Auftritt für ein vorwiegend älteres Publikum. Auf eine Info hätte ich gerne verzichtet.
Zu Beginn hält Thurston Moore eine Banane hoch und erklärt, dass dies die Setlist ist. Das ist es dann erst einmal mit Witzen und Ansagen. Anschließend arbeitet die fünfköpfige Band um das ehemalige Sonic Youth-Mitglied konzentriert am Sound. Da huscht kein Lächeln über die Gesichter, sondern man beugt sich über die Instrumente – ab und zu ein Blick zum Meister. Der Sound der Thurston Moore Group ähnelt dem von Sound Youth. Ich bin kein wirklicher Experte in deren Noise-Kosmos, nenne die „Goo“ als Fixpunkt. Die Gitarren sind nicht sonderlich verzerrt sondern flirren.Oft sind es einfache Melodieschnpsel, über die sich die anderen Instrumente schichten. Wenn Thurston Moore sind, dann eher ruhig mit melancholischem Einschlag.
Zwischendurch wird dann die Tür zum Noise von Sonic Youth weit aufgestossen. Wenn minutenlang das Feedback zelebriert wird oder 10 Minuten instrumentale Giterrenwellen durchs Franz K fließen. Elektronische Unterstützung gibt es in Form eines Synthesizers, mit dem sich die halligen durch beispielsweise eine Art Flugzeuglärm verstärkt werden. Eine Klarinette kommt zwischendurch auch zum Einsatz. Wenn ich es richtig gesehen habe, spielt die Bassistin eine Gitarre über den Bassverstärker, was schlußendlich wie ein Bass klingt. Für mich grenzt der Auftritt an Grandiosität. Es lohnt sich, das aktuelle Album „By the Fire“ anzuhören.
Das wird alles wohlwollend vom durchschnittlich recht alten Publikum aufgenommen. Unter 30 ist kaum jemand, die meisten wesentlich älter. Da wird zwischen den Stehtischen maximal etwas gewippt.
Am Ende spricht Thurston Moore noch etwas. Er erklärt dass der Mann an der Gitarre nur ein Mitglied der Band Seafoam Walls ist. Der Rest der Band sei noch in Florida. Das erklärt mir auch, weshalb ich mit der Darbietung nicht warm geworden bin. Zu elektrischer Gitarre, die manchmal gelooped wurde, hat der Mann etwas gesungen. Das hörte sich alles recht ähnlich an und war in einem ähnlichen Tempo. Nach drei, bis vier Songs hatte ich dann genug. Vielleicht ist die gesamte Band etwas interessanter.
Der gemeine Reutlinger und die Reutlingerin scheint eine ähnliche Einstellung zur eigenen Stadt zu haben wie Heilbronner. Als Thurston Moore neben dem tollen Deutschland auch die hübsche Stadt lob, wird ironisch gelacht. Nach dem tollen Auftritt finde ich die überlegte und reflektierte Art von Thurston Moore sehr sympathisch. Er fordert dann auch dazu auf, am Stand im Foyer für die Erdbebenopfer in de Türkei und Syrien zu spenden. Toller Auftritt, toller Typ.
Dieser Konzertbericht könnte also durch und durch positiv enden, wenn ich nicht nach dem Konzert erfahren hätte, dass Thurston Moore ein BDS-Unterstützer ist und aktiv zum Boykott Israeals aufruft. Für mich mit dem Erbe der Nazidiktatur und „Kauft nicht bei Juden“-Schildern nicht vereinbar. Stürzt mich nach dem beeindruckenden Konzert in ein Dilemma, was ich das nächste Mal mache, wenn die Thurston Moore Group hier tourt. Kamera habe ich tatsächlich zu Hause vergessen, deshalb nur Mobiltelefon-Fotos.