Unbite / Octo / Thee Khai Aehm, Emma 23 26. November 2022
Nach noiselastiger Musik aus Stuttgart und Köln verbreitet eine Karlsruher Büffelherde viel Freude. Drei Bands und gerade mal sieben Musiker dürften ein neuer Rekord sein – bei unglaublich breitem Sound.
Überraschenderweise eröffnen den Abend Unsitte aus Stuttgart. Da ich davon ausgehe, dass sie den Gig klar gemacht haben, dachte ich, dass sie sich auch einen späteren Slot reservieren. Solche Gedankenspiele sind dem Trio aber offenbar fremd. Die Mannen um Frontfrau Daniela legen dann ohne Umschweife los.
Wie ich in „Die Rückkehr des Noise“ zu ihrem 2019er-Auftritt am gleichen Ort geschrieben habe, haben sie sich dem 90er-Amrep-Noise-Sound verschrieben. Da werden wuchtige Riffs aufeinander gepackt, die Snare malträtiert – darüber liegt der zuckersüße Gesang von Daniela. Zumeist ist das im Modetempo-Bereich gehalten und kommt sehr intensiv rüber.
Ach ja, Drummer Helge und Gitarrist Bastian spielen auch bei Neckarions – siehe den Konzertbericht „Im legendären Club“ vom Abend davor. Bastian bedient da denn Bass. Ein Langspielplatte namens „Fang“ haben Unbite vor zwei Jahren veröffentlicht. Einfach mal auf Bandcamp reinziehen und dazu die euphorischen Besprechungen von Underdog Fanzine über Ox bis Süddeutsche lesen.
Die nächste Band sind Octo aus Köln. Das ist ein Duo mit Bass und Schlagzeug – rein instrumental. Diese reduzierte Besetzung hört sich etwas eintönig an – ist es live aber nicht. Offenbar verwendet der Bassist neben einem ganzen Haufen Effektgeräte drei verschiedene Verstärker, um seinen vier Saiten die unterschiedlichsten Töne zu entlocken. Das ist nie langweilig und sogar recht fordernd. Denn praktisch kein Song ist in einem strichten Rhythmus durchgespielt, sondern verschleppt und verzögert. Dazu dann Spannung durch lautes und leises Spiel aufbauen und Intensität steigern.
Zwischendurch frage ich mich, ob die Lieder überhaupt Titel haben. Ansagen werden keine gemacht – auf der Bühne ist nicht einmal ein Mikro. Setlist sehe ich auch keine. Der Blick auf die Bandcamp-Seite zeigt, das stehen Titel wie Kürzbassnoctor, Götze, 2 Leichen, Katzentraum oder Kutschergruß. Ich kann mir bei den meisten Dingen absolut keinen Reim darauf machen, was damit gemeint ist.
Als weitere Band für den Abend waren Trainer aus Saarbrücken vorgesehen, die krankheitsbedingt ausfallen. Als Ersatz sind Thee Khai Aehm aus Karlsruhe da. Wieder ein Duo, diesmal mit Gitarre und Schlagzeug und Gesang. Die Gitarre hängt aberwitzig hoch, der Gesang ist voll verhallt und der Drummer drischt wie ein Berserker auf die Felle ein: Fertig ist der „high octane Fuzz-Rock“.
Nach der vertrackten und rhythmisch anspruchsvollen Musik, zaubert der einfache, überdrehte und nach vor gespielte Sound ein Lächeln auf die Gesichter der Konzertbesucher. Wie meint Wirtin Annabel: „Eine Zwei-Mann-Büffelherde“. Zum Abschluss dieses intensiven und fordernden Konzert das absolut richtige. Da Annabel die Live-Funktion von Instagram entdeckt hat und an einer Zweit- oder Drittkarriere als Influencerin arbeitet, finden sich dort eine Menge von Liveschnipseln von allen Bands. Viel Spaß beim Ansehen.